Düstere Poesie in kostbaren Lettern
Ausstellung in der Galerie Schloßstraße, Dessau
Die Worte sind zerrissen, explodiert, übermalt. Sie überlappen und verdecken einander, schreiben sich endlos fort, dunkeln golden im Hintergrund – eine unbesiegbare Inschrift „Media vita in morte sumus“, „Mitten im Leben sind wir des Todes“. Das Memento mori als zyklisches Motiv, als Meditation und Mahnung.
…Da wird die „Kalligraphie“, die Schönschreibung, zur „Kakigraphie“, der Schlimmschreibung. Die wuchtigen Worte stehen in diametralem Gegensatz zu ihrer oftmals filigranen Gestaltung. Silvia Izi macht sich unterschiedliche Techniken zunutze, um ihre Bildbotschaften zu vermitteln, sie verarbeitet die Informationen zu einem Ge-Schichte aus mehreren Ebenen. Mit Sprühtechniken betont sie das Vage, Unfassbare der Sprache, mit Blattgold assoziiert sie uralte Kostbarkeit der Nachricht, die Blätter werden gerissen und geknittert, um ihnen Charakter zu verleihen. Bis zur abstrakten Arabeske, bis zu einem nicht mehr an seinen Ausgangsgegenstand erinnernden Ornament treibt sie die Verfremdung der Buchstaben, die einstmals zentrale Aussage ist, kaum noch zu erahnen, zu reinem Bild geronnen.
….Ihre Textquadrate bezaubern hier durch die kostbare Zerbrechlichkeit der Buchstaben, die, ihre eigene Botschaft demonstrierend, aus dem Nichts auftauchen und in ihm verschwinden, dort durch die monolithische Statik, mit denen sie sich dem Betrachter unübersehbar konfrontieren. Gerade das Prinzip der Serie, auf gleichem Format und mit dem gleichen Vorrat an Zeichen geschaffen, erweist sich als Qualität der Arbeiten, die Einzelblätter beleuchten stets nur einen Aspekt der Aussage, erst im Überblick erschließen sich die widersprüchlichen Dimensionen des Textes. ….
Andreas Hillger in „Mitteldeutsche Zeitung“, 1993